Kurze Inhaltsangabe zu Erlkönig von Goethe
Inhaltsverzeichnis
Johann Wolfgang von Goethe hat diese weltbekannte Ballade 1782 in klassischer Form geschrieben und herausgebracht. Im Erlkönig ist vom Ritt eines Vaters mit seinem Sohn durch das Dunkel der Nacht die Rede. Das Ende verläuft tödlich. Zum heutigen Tag gilt der Erlkönig als eines der wichtigsten Stücke im Leben und Schaffen Goethes. Dieses Stück gehört zur klassischen Schulliteratur und Lektüre. Den Erlkönig haben bereits zahlreiche Schüler auswendig vor der Klasse vortragen, um einen eingehenden Einblick in die Rhythmik, das Metrum und die besondere Sprachmelodie Goethes zu bekommen. Anhand der literarischen Figuren, dem Aufbau und dem Metrum lassen sich bereits zahlreiche Interpretationsansätze entwickeln, die direkt beim Inhalt und in der Entwicklung der Handlungsreihenfolge ansetzen. Goethe legt den Fokus auf das mystische Wechselspiel aus Illusion und Wirklichkeit, das seinem Publikum immer wieder einen Schauer über den Rücken laufen lässt.
Ausführliche Zusammenfassung von Erlkönig
Der nächtliche Ritt des Vaters mit seinem Sohn
Die Ballade setzt bei dem nächtlichen Ritt von Vater und Sohn durch den düsteren Wald an. Im Prinzip ist von einer dunklen Grundstimmung auszugehen. Der eigentliche König erscheint zuerst dem Sohn und fordert ihn auf, gemeinsam mit seinen Töchtern zu kommen. Dieser illusionäre König verspricht nicht nur die Gesellschaft seiner Töchter, sondern zahlreiche „schöne Spiele“. Über diese Versprechungen möchte der den Jungen in Versuchung führen, von seinem Vater loszulassen.
Die Angst und Bedrängung des Erlkönigs
Das Kind jedoch reagiert mit Angst und fühlt sich von dem Bitten und Drängen des Erlkönigs in die Enge getrieben. Der Vater reagiert verantwortungsbewusst und versucht sein Kind zu beruhigen und zu beschwichtigen. Die eigentlich natürlichen Gegebenheiten und die damit zusammenhängenden Visionen möchte er im Anschluss aufklären, mit dem Knistern der Blätter und dem Nebel, der sich in der Nacht durch den gesamten Wald zieht. Auch die Schatten der Bäume wirken auf den Sohn mehr als bedrohlich und unterstützen die Visionen vom Erlkönig.
Zuspitzung der Angst und Tod des Kindes
Der Vater erreicht mit seinen Beschwichtigungen keine Beruhigung seines Sohnes, denn dieser fühlt eine zunehmende Enge und Bedrängnis. Der eigentliche Höhepunkt dieser Ballade ist eine tatsächliche Berührung zwischen dem Erlkönig und dem Sohn. Die Angst und die Verdrängung, die eine Steigerung an diesem Punkt erfährt, übertragen sich nun auch auf den Vater. Dieser treibt sein Pferd an, um schnellsten Weges den preußischen Hof zu erreichen. Als er dann vor Ort angekommen ist, muss er jedoch feststellen, dass sein Sohn in seinen Armen bereits verstorben ist. Eine äußerst düstere Ballade, die den Lesern einen wirklichen Schauer über den Rücken laufen lässt. Wenn auch der Inhalt in wenigen Worten abgehandelt ist, so bedarf es einer eingehenden Analyse und Interpretation der Ballade, die eine reiche Fundstelle literarischer Figuren und typischer Merkmale ihrer Zeit ist. Wer an dieser Stelle darauf wartet, eine simple, allumfassende und einseitige Interpretation zu erhalten, ist enttäuscht. Goethe selbst liefert in seinen Werken vielseitige Interpretationsansätze und macht eine eindeutige Analyse undenkbar.
Interpretation einer schweren Krankheit des Jungen
Eine äußerst weit verbreitete Analyse und Annahme sagt dem Sohn eine schwere Krankheit nach und verbindet diese mit dem nächtlichen Ritt des Vaters. Die Visionen des Erlkönigs werden wiederum als Halluzinationen gedeutet, die im Zuge der Krankheit immer weiter zunehmen. So sind es letztendlich die Krankheit und ihre Auswüchse, die aus dem Kind sprechen und schließlich zum Tode führen. In diesem Zusammenhang verweist zum Beispiel ein warmer und fester Griff des Vaters in Zeile drei auf eine mögliche Erkrankung. Darüber hinaus hört der Sohn nicht dieselben Geräusche wie der Vater. Auch in Zeile 30 überfallen die Stimmen den Sohn, was wiederum auf Schmerzen zurückzuführen ist.
Die Ursprünge und Hintergründe des Erlkönigs
Der eigentliche Stoff für diese Ballade ist auf das Dänische zurückzuführen. In den dänischen Stücken ist vom Elfenkönig die Rede. Ursprünglich hatte auch Johann Gottfried Herder die Ballade vom Elfenkönig ins Deutsche übersetzt. Im Zuge einer Übersetzung kam es zum ersten Mal zum Auftreten des Erlkönigs. Heute wird vermutet, dass es sich dabei um eine verlässliche Übersetzung und Ableitung des Wortes Eller – hin zur Erle handelt. Das Schlusswort kreiert die Erle aus einer Kombination mit dem Wort König – schon ist der Erlkönig geboren. Goethe wiederum kreiert diese Ballade als Zusatz in seinem Singspiel – die Fischerin. In diesem Stück sang die Darstellerin den Erlkönig während der Arbeit.
Annahmen gehen davon aus, dass Goethe für dieses Stück eine Begegnung während des Aufenthalts in Jena als Inspiration heranzog. Erzählungen zufolge ritt ein Bauer ausgehend vom ländlichen Kunitz zur Universität, um sein krankes Kind zu heilen. Noch heute erinnert das Denkmal des Erlkönigs an diese Ballade und Begebenheit. Es wurde im 19. Jahrhundert zwischen den Stadtteilen von Jena und Kunitz errichtet.
Naturmagische Interpretationsansätze und rationale Naturphänomene
Die gegensätzlichen Interpretationsansätze sind wiederum auf die zahlreichen Leerstellen im Gedicht zurückzuführen. So wird aus der Ballade nicht deutlich, an welcher Stelle der Erlkönig vom Jungen Besitz annimmt. Darüber hinaus bleibt es rätselhaft, warum diese Person einen so ungeheuren Schauer in dem Kind auslöst, auch wenn diese anfangs freundlich auftritt. Zum Ende der Ballade hat sich Goethe für einen Wechsel des Erzählrhythmus entschieden. Goethe lässt den Leser auch im Unklaren darüber, was die eigentliche Todesursache des Jungen ist. In diesem Zusammenhang ist ein mystischer Moment nicht mehr von der Hand zu weisen.
Ein zweiter Interpretationsansatz in Bezug auf dieses nichtrationale und naturmagische formuliert zugleich eine Kritik am Vater. Seine aufklärerische Haltung gegenüber dem Sohn kommt in dieser Interpretation gar nicht gut weg. Viele Menschen gehen heute gerade im Bereich der Erlenbrüche von nicht nachvollziehbarer Energie und naturmagischen Gegebenheiten aus, die bis zum heutigen Tage nicht erklärt werden können. So geht man in diesem Interpretationsansatz auch nicht von einem Übersetzungsfehler aus. Goethe gilt bis zum heutigen Tag als einer der Begründer Natur badischer Balladen und hat sich mit dem Erlkönig und dem Ruf eines Menschen aus dem Jenseits ein Zeichen gesetzt.
Interpretation aus soziologischer Perspektive
Einige abgelegene Interpretationsansätze – wie die vom Soziologen Rüdiger Lautmann – deuten die Verse der Ballade, wie „du liebes Kind, komm geh mit mir!“ Oder „und bist du nicht willig, so brauche ich Gewalt“ als eine Form von Vergewaltigung und Missbrauch. So sprach Luise Reddemann bei den 55. Lindauer Psychotherapiewochen im Jahr 2005 im Zusammenhang mit dem Erlkönig von einem eigentlichen Albtraum eines Opfers, das sexuelle Gewalt erfahren hat. Sie deutet auf den Vater als Figur des Guten und den Erlkönig als Figur des Bösen. Luise verweist überdies auf die Beschwichtigungen des Vaters, der sinnübertragend seinem Opfer etwas einreden möchte. Sie setzt den Tod des Kindes am Ende der Ballade mit dem eigentlichen Verlorensein und dem seelischen Tod gleich. In den vorangehenden Zeilen dürfte deutlich geworden sein, dass der Erlkönig eine reiche Interpretationsfläche für unterschiedliche, stilistische Ansätze bietet. Gerade die vielseitigen Interpretationen dürften deutlich machen, dass es sich um eines der bedeutendsten Werke aus der Feder von Johann Wolfgang von Goethe handelt.