Das Urteil – Inhaltsangabe – Franz Kafka

Ausführliche Inhaltsangabe/Zusammenfassung zu Das Urteil

Kafkas 1913 erschienene Erzählung „Das Urteil“ handelt von dem jungen Kaufmann Georg Bendemann, der nach einem Streit mit seinem Vater von diesem „zum Tode des Ertrinkens“ verurteilt wird und dieses Urteil seines Vaters sofort selbst ausführt, indem er sich von einer Brücke aus in den Fluss stürzt.

Zu Beginn der Erzählung sitzt Georg Bendemann in seinem Zimmer und schreibt einen Brief an seinen Jugendfreund, der in Petersburg lebt. Im Anschluss an das Schreiben des Briefes denkt Georg ausführlich über die Lebensumstände seines Freundes nach. Wir erfahren, dass der Freund in Petersburg ein Geschäft betreibt, das immer schlechter zu laufen scheint, weswegen „er sich in der Fremde nutzlos ab[arbeitet]“ und zudem an einer Krankheit leidet, die nicht näher benannt wird. Georg denkt darüber nach, was er seinem Freund für Ratschläge geben könnte, kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass es am besten sei, alles so zu belassen, wie es im Augenblick ist: „Was wollte man einem solchen Manne schreiben, der sich offenbar verrannt hatte, den man bedauern, dem man aber nicht helfen konnte?“ Im Gegensatz zu dem bedauernswerten Leben des in Russland lebenden Freundes floriert Georgs eigenes. Für ihn hat sich in den letzten Jahren viel verändert. Seit dem Tod seiner Mutter „vor etwa zwei Jahren“ war es ihm möglich geworden, „sein Geschäft mit größerer Entschlossenheit“ anzupacken, da sein Vater seit dem Tod der Mutter „zurückhaltender geworden“ sei. Diese Umstände haben dazu geführt, dass sich das Geschäft so gut entwickelt hat, dass es zu einer Verdopplung des Personals und zu einer Verfünffachung des Umsatzes gekommen ist. Nicht nur geschäftlich, sondern auch privat hat sich bei Georg in der letzten Zeit viel getan. So hat er sich beispielsweise mit „Frieda Brandenfeld, einem Mädchen aus wohlhabender Familie“, verlobt.

Nach Fertigstellung des Briefes möchte Georg seinem Vater mitteilen, dass er sich trotz seiner anfänglichen Bedenken nun doch dazu entschlossen hat, seinem Freund von der Verlobung zu berichten, weswegen er zu ihm ins Zimmer geht. Wir erfahren, dass er dort „schon seit Monaten nicht gewesen war“, jedoch ständig mit seinem Vater im Geschäft zu tun habe. Als der Vater auf ihn zukommt, erkennt Georg, dass sein Vater „noch immer ein Riese“ ist und folgt „den Bewegungen des alten Mannes ganz verloren“. Georgs Vater nimmt dessen Absicht, ihm mitzuteilen, dass er seinem Freund in seinem Brief nun doch von der Verlobung berichtet, sogleich als Anlass, um das Gespräch auf andere Dinge zu lenken. Der Vater erzählt, dass seit dem Tode seiner Frau „gewisse unschöne Dinge vorgegangen“ seien und dass ihm aufgrund seiner schwindenden Kräfte und seines nachlassenden Gedächtnisses manches entgehe. Er bittet er seinen Sohn, ihn nicht zu täuschen und fragt ihn gleich darauf, ob er wirklich „diesen Freund in Petersburg“ habe. Georg reagiert auf die Frage seines Vaters „verlegen“ und versucht, ihr auszuweichen, indem er seine Sorgen über den gesundheitlichen Zustand seines Vaters äußert und ihm verspricht, einen Arzt zu holen. Der Vater lässt sich jedoch von seinen Ablenkungsversuchen nicht beirren und sagt „leise, ohne Bewegung“ Georgs Namen, woraufhin sich dieser neben seinen Vater kniet und „die Pupillen […] des Vaters übergroß in den Winkeln der Augen auf sich gerichtet“ sieht. Er versucht dann, seinem Vater zu helfen, sich an den Freund aus Petersburg zu erinnern, indem er ihm von ihm erzählt. Georg trägt seinen Vater ins Bett, der ihn gleich darauf fragt, ob er gut zugedeckt sei. Georg beruhigt seinen Vater und bestätigt seine Frage. Plötzlich ruft der Vater jedoch ein lautes „Nein!“, wirft die Decke zurück, „daß sie einen Augenblick im Fluge sich ganz entfaltete, und stand aufrecht im Bett.“ Diesem plötzlichen Wiedererstarken des Vaters folgt eine lange Strafpredigt, die er Georg entgegen schleudert und in der er ihm zahlreiche Vorwürfe macht. Zunächst offenbart er Georg, dass er den Freund aus Petersburg sehr wohl gut kenne und dass er ein Sohn nach seinem Herzen sei. Der Vater wirft seinem Sohn vor, er habe seinen Freund nur betrogen, weil er gewusst habe, dass er, der Vater, ihn lieber als Sohn hätte als Georg. „Aber den Vater muß glücklicherweise niemand lehren, den Sohn zu durchschauen.“

Georg sah zum Schreckbild seines Vaters auf“ und wird von diesem aufgefordert, ihn anzusehen. Gleich darauf beginnt der Vater, Georgs Beziehung zu seiner Verlobten Frieda ins Lächerliche zu ziehen. Er sagt, Georg habe sich an Frieda herangemacht, „weil sie die Röcke gehoben“ habe, wobei er, noch immer aufrecht im Bett stehend, sein Hemd hebt, um Friedas angebliches Verhalten darzustellen. Er wirft Georg vor, das Andenken der Mutter geschändet zu haben und den Freund in Petersburg nur deswegen belogen zu haben, um sich ungestört mit Frieda amüsieren zu können. „[…] und deinen Vater [hast du] ins Bett gesteckt, damit er sich nicht rühren kann. Aber kann er sich rühren oder nicht?“ Georg, der während der gesamten Zeit noch nichts gesagt hat, ist ganz und gar eingenommen von dem auf ihn übermächtig wirkenden Bild seines Vaters, weswegen er so weit weg von ihm stehen bleibt, wie es nur möglich ist.

Im Folgenden geht der Vater näher auf seine Beziehung zu Georgs Jugendfreund in Petersburg ein. Er sagt, dass er die ganze Zeit in Kontakt mit Georgs Jugendfreund gestanden habe und dass er ihn über alle Geschehnisse unterrichtet habe, die Georg ihm vorenthalten hat. Georg ist hilflos und hat sich selbst nicht mehr unter Kontrolle, weswegen er seinen Vater, ohne darüber nachzudenken, einen Komödianten nennt und „sofort den Schaden“ erkennt, den er damit angerichtet hat: Statt der gewünschten Entkräftigung der väterlichen Argumente erreicht Georg jedoch das Gegenteil, da der Vater ihm sogleich zustimmt: „Ja, freilich habe ich Komödie gespielt!“ Georg beißt sich, „nur zu spät, die Augen erstarrt, in seine Zunge, daß er vor Schmerzen einknickte.“ Bevor der Vater letztlich das Todesurteil über Georg ausspricht, bekennt er, seinen Sohn einst geliebt zu haben: „Glaubst du, ich hätte dich nicht geliebt, ich, von dem du ausgingst?“ Als der Vater dies ausspricht, stellt sich Georg vor, wie sein Vater sich vorbeugt, dabei fällt und zerschmettert: „Dieses Wort durchzischte seinen Kopf.“ Dieser deutliche Vernichtungswunsch ist zurückzuführen auf Georgs ambivalente Gefühle seines Vaters gegenüber; er kann es nicht ertragen, von dem Mann, der ihn gerade mit Vorwürfen überschüttet und seine Macht demonstriert, zu hören, dass er von ihm ausginge. Der Vater betont immer wieder, dass er der Stärkere sei; Georg weiß sich nicht zu helfen, weswegen er Grimassen schneidet, um seinem Vater zu zeigen, dass er seine Drohungen nicht ernst nimmt. Dieser zieht Georg jedoch immer mehr ins Lächerliche, er nennt ihn einen „dumme[n] Junge[n]“ und behauptet, der Freund in Petersburg würde Georgs Briefe in der linken Hand zerknüllen, während er sich seine zum Lesen aufbewahre. Wir erfahren, dass der Vater schon „seit Jahren“ darauf wartet, Gregor seine Macht endlich spüren lassen zu können, er schmeißt ihm als Beweis dessen die Zeitung zu, von der Georg dachte, dass ein Vater sie lesen würde, die jedoch schon so alt ist, dass er nicht einmal mehr den Namen der Zeitung kennt.

In einem letzten Satz spricht der Vater nun das Todesurteil über seinen Sohn aus: „Jetzt weißt du also, was es noch außer dir gab, bisher wusstest du nur von dir! […] Und darum wisse: Ich verurteile dich jetzt zum Tode des Ertrinkens!“ Der Vater stürzt daraufhin aufs Bett, womit sich Georgs Vernichtungswunsch seinem Vater gegenüber zu erfüllen scheint. Georg selbst rennt aus dem Zimmer seines Vaters und verlässt so schnell er nur kann das Haus. Er rennt zu einer Brücke und springt über das Geländer. Er denkt mit Liebe an seine Eltern zurück und lässt sich fallen. „In diesem Augenblick ging über die Brücke ein nahezu unendlicher Verkehr.“

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